urteile

Beispiele erstrittener Gerichtsentscheidungen:


15.07.2003

Nicht unverzügliche Sperre der Kreditkarte nach Verlust (mehr als eine halbe Stunde) durch den Karteninhaber ist fahrlässig. Tarnung der PIN als Telefonnummer ist sorgfaltswidrig. Erstereignis (sorgfaltswidriges Verhalten des Karteninhabers) ist allein schadensursächlich, ohne dass es auf eine geltend gemachte Reserveursache ankommt.

Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15.07.2003 (19 U 71/03), teilweise veröffentlicht in NJW-RR 2004, 206; zuvor Landgericht Frankfurt am Main (2/31 O 309/02).


In Anbetracht der zentralen Bedeutung, die der Verlustmeldung im Zahlungskartenverfahren zukommt, hat der Karteninhaber möglichst umgehend nach dem Verlustzeitpunkt zu reagieren. In dem vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main entschiedenen Fall, in dem ein Telefon ohne weiteres und sofort erreichbar war, wurde dem Karteninhaber nicht mehr als eine halbe Stunde nach dem Verlustzeitpunkt für die Sperrmeldung eingeräumt. Der Karteninhaber verletzt dadurch in erheblicher Weise nebenvertragliche Sorgfaltspflichten aus dem Kartenvertrag, wenn er – wenn auch nur aus Anlass einer Reise - die Zahlungskarte (nebst anderen Karten) in einem dafür vorgesehenen Einsteckfach seiner Brieftasche und die PIN als Telefonnummer „getarnt“ bzw. verschlüsselt in einem (separaten) Telefonregister (Notizbuch) mit sich führt. Der Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat sich mit seiner Entscheidung der zuvor in ständiger Rechtsprechung, insbesondere der Frankfurter Gerichte, vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach das Notieren der PIN, als Telefonnummer getarnt, längst keine wirksame und sichere Methode mehr ist; denn eine solche „Tarnung“ ist weit verbreitet und nicht sonderlich originell, um unberechtigten Dritten die Geheimzahl vorzuenthalten. Es muss sich dem Karteninhaber aufdrängen, dass sich ein Entwender der Karte zuerst in den Notizbüchern, Kalendern o.ä. auf die Suche nach einer PIN-Eintragung macht. In dem Verfahren hat das Oberlandesgericht auch geurteilt, dass dem Kartenunternehmen kein mitwirkendes Verschulden anzulasten ist, soweit die Sperrung später als die Kartentransaktionen erfolgt. Ursächlich für den Schaden ist allein das erste Ereignis (sorgfaltswidriges Verhalten des Karteninhabers); eine geltend gemachte Reserveursache wirkt sich nicht mehr aus.


Der Wortlaut der Entscheidung kann Hier abgerufen werden.

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